Rauhnächte

So langsam stolpert man immer öfter über diesen Begriff. Die Rauhnächte.

In diesem Teil möchte ich ein wenig aus meiner Familientradition berichten.

Die Rauhnächte gerieten die letzten Jahre fast in Vergessenheit, aber jetzt gelangen sie zu immer mehr Bedeutung. Ich nutze in jedem Jahr diese wundervoll magische Zeit und führe alte Traditionen meiner Großeltern fort. Die Rauhnächte waren bei uns eine Zeit der Gartenfeuer, der Räucherungen, der Rituale, der Zauber und vielem mehr.

Zeitraum

Diese Tage und Nächte sind eine ganz besondere Zeit im Jahreskreis, die laut Vermutungen auf den germanischen Mondkalender zurück gehen. Ein Mondjahr umfasst 354 Tage, unser Sonnenjahr besteht hingegen aus 365/366 Tagen und so entsteht eine Differenz von 11/12 Tagen. Viele von uns kennen diese Zeit als die Tage oder Nächte zwischen den Jahren.

Meine Großeltern erzählten mir, dass in diesen Tagen die Tore zu anderen Welten offen stehen und die Kräfte der Natur außer Kraft gesetzt sind. Als Kinder vertrieben meine Großeltern, mit ihren Eltern und Großeltern, mittels Ritualen und Zaubern bereits das Böse und Schlechte. So waren sie gestärkt und gewappnet für das neue Jahr.

Die Rauhnächte beginnen in meiner Familie am 21. bzw. 22. Dezember, der Wintersonnenwende, der längsten Nacht des Jahres und dauern 12 Nächte. In vielen Familien beginnen sie am 24. oder 25. Dezember.

Haus und Hof wurden ausgeräuchert und besonders spätabends wurde bei Kerzenschein viel gemeinsam gesessen, den Stürmen und ihren Geschichten gelauscht. Es war eine friedliche, gemütliche Zeit in der es viel zu erfahren gab aus vorigen Jahren und Jahrzehnten.

In den Rauhnächten steht Freyjas Spinnrad still und so soll jedes andere Rad auch ruhen. Stille kehrt ein. Wenn wir ebenso zur Ruhe kommen können wir Botschaften aus anderen Welten empfangen.

Ablauf

Wenn ich meinen Opa nach dem genauen Zeitplan fragte antwortete er immer:“ Ik schiet d´r wat up!“ Was so viel bedeutete wie… „Mir ist das völlig egal!“ oder in anders ausgedrückt „Du wirst deinen Weg finden diese Nächte zu begehen. Du kannst nichts Falsch machen, du weißt genau was zu tun ist.“ Mein Opa hatte manchmal die Angewohnheit derb und wortkarg zu sein, aber ich konnte seine Gedanken dahinter genau lesen. Jeder kann seine Rauhnächte so gestalten wie er es möchte. Ruhe schaffen in dieser stressigen Zeit, Familie und Freunde ganz bewusst erleben und die Zusammengehörigkeit spüren.

Laut altem Volksglaube sollen wir uns in dieser Zeit unauffällig und still verhalten, sowie wichtige Arbeiten ruhen lassen.

Wie oft rannte meine Oma wie von der Tarantel gestochen aus dem Haus sobald die Dämmerung einbrach. Laut Überlieferungen würde man von der wilden Jagd mitgerissen werden, sollte man in diesen Nächten Wäsche hängen haben. Auch wenn es nicht leicht ist, man soll einfach nicht arbeiten, sondern diese Zeit zur innerlichen Einkehr nutzen.

Bräuche

Wichtig in dieser Zeit ist mir auch das Räuchern. Denn daher stammt einerseits die Bezeichnung „Rauhnächte“. Andererseits sind in dieser Zeit, nach einem alten heidnischen Brauch, die Dämonen und Kobolde besonders lebendig, eben rauh (roh übersetzt).

Jede der 12 Nächte symbolisiert einen Monat des kommenden Jahres. In Träumen können Voraussagen auf den entsprechenden Monat des kommenden Jahres gedeutet werden. Träume ich in der 6. Nacht also von einem Topf Gold am Ende eines Regenbogens, der zufälligerweise direkt in meiner Küche steht, könnte im Juni des folgenden Jahres ein großer Geldsegen ins Haus stehen.

Eine Zeit der Wiederkehr toter Seelen benennen viele Menschen die Rauhnächte. Wenn es, in diesen oft stürmischen Nächten, in den Wäldern heulte und krachte, sprach man oft von der „Wilden Jagd“, deren Überlieferung aus der germanischen Mythologie stammt.

Die wilde Jagd

Sobald die Winde eisig wurden sagte mein Opa:“ Oostwind is alltied kold, nettgliek, waar he herweiht.“ Das bedeutet so viel wie: Ostwind ist immer kalt, ganz egal, woher er weht. Als ganz kleines Kind habe ich diesen Satz nie verstanden.. Ostwind kommt doch immer aus Osten… schon irgendwie.. aber… woher..???

Dann wenn die Stürme zunehmen, die Bäume sich biegen und der Sturm heult – ist die wilde Jagd in vollem Gang. Die wilde Jagd wird von Odin angeführt und in seinem Gefolge befinden sich die Totenseelen. Mit starkem Wind, Geschrei und Geheul saust das Heer durch die Lüfte. Mein Opa bezog sich bei dieser Jagd auf Ragnarök, den Weltenuntergang in der nordischen Mythologie. Wer es wagt die wilde Jagd zu beobachten wurde augenblicklich von ihr mitgerissen. Daher stammt der Familienbrauch sich in dieser Zeit niemals nach draußen zu begeben, sondern in der Stube zu ruhen. Vor Anbruch der Dunkelheit stellten meine Großeltern Gebäck, Milch und selbst angesetzten Likör vor die Türen, als Opfergabe für die Götter. Auf den Fensterbänken wurden Kerzen angezündet als Gabe für die Ahnen.

Am letzten Tag der Rauhnächte passieren ebenso wundervolle Dinge, denn die wilde Jagd endetnun und die Walküren bringen die Seelen der verstorbenen Kinder nach Tolsjele. Tolsjele ist das Tal der Seelen auf Utgard.

Freyja ist an diesem Tag, oder in dieser Nacht, ganz besonders dicht bei uns, auch wenn sie an der wilden Jagd beteiligt ist. Mit kleinen Opferungen wie Bernstein oder Gold kann man jetzt den Kontakt zu Freyja herstellen. Deutlich leichter wie es im übrigen Jahr der Fall ist.

Räucherpflanzen

Ich liebe es wirklich zu räuchern, aber in den Rauhnächten bedeutet es mir noch mehr. Ich kann damit so viele Dinge unterstützen und die Kraft der Pflanzen nutzen.

Meine liebsten Räucherpflanzen:

Beifuss, Reinigung, Schutz, Meditation, Fluchabwehr, Zuversicht

Bernstein, Selbstheilung

Brennessel, Schutz, Mut, Selbstvertrauen

Birke, Fruchtbarkeit, Liebe, Schönheit, Lebensfluss, Schutz

Eiche, Wohlstand, Liebe, Fruchtbarkeit, Glück, Schutz

Frauenmantel, Trauer, Stress, Fruchtbarkeit, Sexualität

Hagebutte, Liebe, Lebensmut, Vertrauen, Stärke, Kraft

Holunder, Schutz, Trauer, Ruhe, Ahnenräucherung

Johanniskraut, Sonne, Stressabbau, Beruhigung, Liebeskummer, Schutz

Kamille, Heilung, Ruhe, Angst, Reizbarkeit

Lavendel, Nervosität, Klärung, Beruhigung, Reinigung, Harmonie, Wohlbefinden

Lindenblüten, Schutz, Wohlstand, Herzöffnung

Mädesüß, Schutz, Wahrheit, Fröhlichkeit, Reinigung, Zusammenhalt

Pfefferminze, Beruhigung, Kraft, Schutz, Klärung, Geldzauber

Rosenblütenblätter, Liebe, Beruhigung, Entspannung, Erotik

Rosmarin, Trauer, Sexualität, Stärke, Schönheit, Konzentration

Salbei, Reinigung, Kraft, Stärkung

Schafgarbe, Gleichgewicht, Schutz, Liebe, Entschlossenheit, Mut

Wacholderbeeren, Schutz, Reinigung, Mut, Lebensenergie

Weissdorn, Schutz, Fruchtbarkeit, Einsamkeit

Zitronenmelisse, Einsamkeit, Liebe, Heilung

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